Sonntag, 11. April 2010

Unter Glücksmanagern, Weltlehrern, Kartenlegern und Scharlatanen.
















Schamanen. Ich meinte natürlich Schamanen, keine Ahnung wie ich gerade auf Scharlatane kam.
Vor ein paar Monaten schon reifte bei mir die Idee, einmal diese ominöse Messe für Lebensfreude zu besuchen, sollte die mal wieder in Hamburg stattfinden. Ich habe eigentlich eine starke Esoterikallergie, kann aber nicht sagen dass ich darunter leide, deswegen erschien es mir auch nicht allzu gewagt, mich für ein oder zwei Stunden inmitten selbsternannter Heiler und Wahrsager aufzuhalten. Die Aussicht, für nur 10 Euro, eine große Menge an Esoterikfreaks, quasi in freier Wildbahn, beobachten zu können, erschien mir durchaus  lohnenswert. Nennt es Schocktherapie.

Wie nicht anders zu erwarten waren ungefähr 99% der Besucher weiblichen Geschlechts, einzig an den Ständen tummelten sich einige Herren mehr, wie der einsame Glücksmanager Manfred Hurth, der aber keinen sonderlich glücklichen Eindruck machte. Manager ist heutzutage selbst in diesen Kreisen wohl ein Reizwort.  Ich wollte ursprünglich ein wenig Recherche betreiben und die eine oder andere dumme Frage stellen, aber es ging beim besten Willen nicht. Ich musste mich bei einigen Gelegenheiten schon so schwer beherrschen, der Lachanfall lauerte hinter jeder Ecke. Deswegen hab ich auch nicht in Erfahrung bringen können, ob da wirklich Orks Orbs in der SeelenTor Essenz schwimmen, die da versucht wurde zu verkaufen.

Die Herzkraftbilder von Barbara O Kane machen sich zwar gut in jeder Hippiebude, wären also auch was für mich *g*.  Aber 2300 Euro sind etwas viel für ein Bild, auch wenn es laufend Lebenskraft versprüht. Immerhin hab ich eine Einladung nach Island bekommen, mit einer gebürtigen Isländerin, abseits von touristischen Trampelpfaden. Hört sich doch gut an, kleine Rituale in der Natur, mit Björk. Naja, nur mit Thelma Björk, nicht mit der Frau Guðmundsdóttir. Aber wer weiß, Thelma ist bestimmt auch nicht übel. Ich muss doch direkt nachher mal auf der Webseite gucken, was der Spaß kosten soll.

Für völlig verwirrte Christen gab es auch Programm, die Freunde der Neuoffenbarung boten ihre Schriften sogar kostenlos an, einzig um reichhaltige Spenden wurde gebeten. Ich hab mich dann vorhin tatsächlich mal versucht zu informieren, über diese Freunde und ihre Bertha Dudde, die eine Offenbarung durch das INNERE WORT empfing, und das von 1937 bis 1965. Fast 30 Jahre innere Stimmen hören ist, ohne in der Klapse zu landen, auch eine reife Leistung. Nach dem zweiten Absatz, spätestens, schlägt man mit dem Kopf auf der Tischkante auf. War auch nicht wirklich umlagert der Stand, dabei gäbe es doch jetzt die große Chance, verwirrte Schäfchen einzufangen. Es sei denn, Berta hätte damals auch mal Kinder verprügelt.

Wenig beeindruckend war auch die Ankündigung des Weltlehrers Maitreya, durch seinen Vorboten, den "Stern", sogar weltweit angekündigt. Soweit ich weiß erscheint der Stern nicht weltweit, abgesehen davon, ausgerechnet der Stern als Vorbote? Da hatte wohl eher mal wieder jemand eine Erscheinung, GPS Satelliten wirken immer noch faszinierend auf einfache Gemüter. Jedenfalls wurde man informiert, dass seine Arbeit in der Öffentlichkeit begonnen hat, sehen konnte man den Guru persönlich aber leider nicht. Immerhin war ein Herr Sri Sri Ravi Shankar anwesend, wenn auch ohne Sitar, was ihn für mich gleich weniger interessant machte.

Für den fortgeschrittenen Esoteriker sind Jesus Christus und andere Weltlehrer einfach zu wenig Hokus Pokus glaub ich. Wahrsager-, Geistheiler-, Kaffeesatzleser- und Kartenlegerinnen waren alle gut beschäftigt. Erschreckende Beispiele dafür, dass man mit dem albernsten  Zirkus auf Kundenfang gehen kann, es finden sich immer leichtgläubige Opfer. Wenn man sieht, wie eine selbsternannte Heilerin erst mit einem merkwürdigen Drahtgestell über dem Kopf der Patientin herumfuchtelt, um danach mit pantomimischen Bewegungen irgend etwas Imaginäres von ihr abzustreifen, dann frag ich mich ernsthaft, ob nicht beide irgendwo anders noch Patienten sein sollten.

Die Bettwäscheverkäufer sind anscheinend auch umgestiegen, wenn man sieht, wie sich jemand selig lächelnd an ein Kissen kuschelt, das irgend eine Art von Energietransfer verspricht, dann sind die Rentner auf den Busreisen mit Verkaufsveranstaltung wahrscheinlich inzwischen kritischere Kunden.  Der Messepreis für das komplette 4er Set von 279.60 Euro erschien zwar verlockend, aber ich hätte doch vorher gerne genauer gewusst, wie das mit der Unsichtbarkeit funktioniert. Es war nur gerade kein Verkäufer frei, die hatten alle Hände voll zu tun.

Bettenverkäufer werden, glaube ich, immer noch stark unterschätzt.

Schreibmusik: Alison Krauss & Union Station - Live














3 Kommentare:

  1. feine beiträge, die du da schreibst . . aber das ist bei deinen musikalischen beiträgen anderweitig auch kaum zu erwarten gewesen.

    solong : roberto

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  2. Also, das nötigt mir ja wirklich Respekt ab, mich hätten keine zehn Pferde auf diese Messe bringen können. Aber ich gebe zu, dass ich manchmal nachts bei dieser komischen Wahrsagerin im TV hängenbleibe - jetzt müsste ich nur noch den Sender wissen *lach* - da fällt es mir total schwer, mich von ihren sinnentleerten Sprüchen und Fragen zu trennen, weil man mit steigender Faszination ja auch die Reaktionen der jeweiligen Anrufer mitbekommt und sich permanent fragt, wie labil diese Menschen sein müssen, die sich hier ernsthaft Hilfe erwarten.

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  3. Hehe, Astro TV. Ich finde es schlimm, dass so etwas überhaupt möglich ist, genau wie 9Live und diese anderen Abzocksender. Aber ich bin auch schon davor hängengeblieben. Die Faszination des Schreckens.

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