Samstag, 22. September 2012

Stadtansichten: Ottensen















Angekündigt hatte ich ihn schon vor einiger Zeit, meinen Stadtrundgang durch Ottensen, doch die Auswahl der für diesen Stadtteil vielleicht repräsentativen Fotos war schwerer als gedacht.  Die fast unüberschaubare Anzahl der Fotos ist meiner Häufigkeit der Besuche geschuldet, denn von Zeit zu Zeit verbringe ich meine Nächte dort und wenn es sich ergibt auch gerne die Tage.
Leben könnte ich dort allerdings nur mit einem weit höheren Grundeinkommen, was nicht alleine Schuld der hohen Mieten ist, die Vielzahl der Bars, Kneipen, Restaurants, Kinos, Theater und sonstiger Veranstaltungsorte ist einfach zu verlockend.
Alle Wege sind kurz, egal was man gerade vorhat, wenn es der frisch geröstete Kaffee sein muss hat man die Auswahl zwischen mehreren kleinen Röstereien, der Bio-Bäcker ist um die Ecke, die Fruchtgummis schmecken so wie sie heißen und man kann im Bonscheladen zusehen wie die Bonbons gemacht werden, über die sich meine Enkeltochter immer freut wenn sie mal hier ist.
Hier gibt es Cocktailbars ohne Krawattenzwang und Seefahrerkneipen, Livemusik an jeder Ecke und renitente Wirte, die schon vor dem Rauchverbot angekündigt haben, dass sie darauf scheißen.

Überhaupt: Renitent waren sie da schon immer, noch weit bevor die Häuser in der Hafenstraße in die Schlagzeilen gerieten. Bis zu 120 Bürgerinitiativen sollen sich hier gegründet haben, das Hamburger Abendblatt schrieb von "der wohl höchsten Initiativendichte der Republik". Hier wird erst mal alles ausdiskutiert, man kann alles besser machen.

Zum Beispiel alte Fabrikhallen und Gebäude nicht einfach abreißen, die kann man anders nutzen. Eine Ottenser Spezialität, seit das heimliche Wahrzeichen des Stadtteils, die Fabrik in der Barnerstraße, im Jahr 1971 in ein Kulturzentrum umgewandelt wurde. Seit dieser Zeit quasi mein zweites Wohnzimmer, in keinem anderen Laden habe ich mehr Konzerte gesehen, und in keinem anderen Laden wären sie so gut gewesen. Denn in keinem anderen Laden kann man oben an der Balustrade stehen und direkt auf das Schlagzeug von Ginger Baker blicken, während er zehn Minuten lang die Kröte trommelt.

Abgebrannt ist sie, pleite war sie auch schon oft, aber es wird sie ewig geben, dafür wird man hier sorgen.
Schokoladenfabrik? Alternatives Kulturzentrum. Senflager von Essig Kühne im Hinterhof? Theater. In die Zeisehallen ein Kino, in die Drahtstiftefabrik die Geschichtswerkstatt und so weiter und so fort. Selbstverständlich hat Ottensen auch einen Bauwagenplatz, wo, wenn nicht hier, sollte sonst einer sein. Hätte man mehr Platz wäre hier garantiert noch ein zweiter.

Der alte Bagger der Maschinenfabrik kann an der Ecke stehen bleiben, das ist ein Industriedenkmal. Jedes Kind in Ottensen kennt den Kemal-Altun-Platz, obwohl es den auf keinem Stadtplan gibt, nur weil die Stadt sich weigert den Namen endlich anzuerkennen. Mussten sie die Schilder dort eben selber aufstellen. Die sind inzwischen ersetzt worden durch offizielle von der Stadt, ich geh jede Wette ein, irgendwann gibt es den Platz auch auf der Karte. Man ist hier sehr hartnäckig.

Ottensen ist bunt, alternativ, und gleichzeitig der erste der Elbvororte, Startpunkt der Straße mit den wohl teuersten Grundstücken der Stadt. Bei Monopoly wäre es glaube ich die Parkallee, in Hamburg heißt sie Elbchaussee. Die Straße, die ihre Anwohner angeblich in steinreich (Elbseite) und zumindest sehr wohlhabend trennt. Gleichzeitig eine der wenigen Straßen in Ottensen auf denen man sich mit dem Auto bewegen sollte, nach Meinung vieler Anwohner am besten dran vorbei, denn das Autofahren ist hier eine Qual. Die Straßen sind eng und werden auch von Fußgängern und Radfahrern benutzt, Parkplätze sind rar, und wer sich nicht auskennt in diesem Gewirr aus Einbahnstraßen hat schon verloren.

Wesentlich einfacher ist es am Bahnhof Altona auszusteigen und den richtigen Ausgang zu nehmen. Zu Fuß ist dieser Stadtteil ohnehin sehr viel entspannter zu genießen.

Ich genieße derweil entspannt Jeffrey Halford & The Healers - Hunkpapa





































18 Kommentare:

  1. Mööönsch, ich will mal wieder nach HummelHummel - war ich ja schon ewig nicht mehr. Und in Ottensen noch nie...
    Die Fotos sind klasse. Was mir neben den Motiven diesmal besonders gefällt, ist die durchgängig gelungene Belichtung.

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    1. Liegt möglicherweise daran, dass ich mich auf solchen Touren wenn ich genug Zeit habe nicht auf Blenden- oder Zeitautomatik verlassen muss *g*
      Manchmal braucht man auch einfach nur das richtige Licht.

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  2. Sehr interessante Fotoreihe. Scheint wirklich ein sehr vielschichtiger Stadtteil zu sein, der einen Besuch allemal wert ist.

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    1. Allemal, ja. War ich mit Deinem Nachbarn auch schon öfter.

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  3. gewohnt tolle fotos, wobei ich zu bild 18 gerne eine erklärung hätte.....

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    1. Der Hühnerhof gehört zum Stadtteilzentrum Motte, der wurde vor 20 Jahren einfach auf einem leeren städtischen Grundstück errichtet und irgendwann haben die der Stadt eine Bestandsgarantie aus dem Kreuz geleiert, ob das nun wirklich für 2000 Jahre gilt weiß ich nicht, aber denen traue ich alles zu *g*

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  4. das solltest du sowieso einführen, das mit den erklärungen. ich brauch zwar keine für ottensen und auch nicht für die hühnertwiete, aber generell solltest du vielleicht mal unterschriften zu deinen fotos hinzufügen. jedenfalls bei deinen stadtansichten, der rest ist ja mehr oder weniher selbsterklärend.

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    1. Unterschriften bei den Fotos sorgen immer für ein wildes Durcheinander bei der Bilddarstellung, daher hab ich das aufgegeben. Eine der Krankheiten bei diesem Laden.

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  5. Sieht spannend aus. Vielseitig und gemütlich. Sowohl Dein Berich als auch die Fotos machen Lust auf den Stadtteil. Das Kleine Kind fährt Dienstag nach Hamburg. Der werde ich das mal empfehlen

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    1. Kann man nichts verkehrt machen, für Ausflüge stehen hier ja ansonsten noch mehr Tipps ;)
      Millerntorstadion gegen Aalen wäre auch einer gewesen, aber die letzte Karte hab ich grad meinem Kind versprochen.

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    2. Ja, also das Kind ist zurück und fand, dass es da in Hamburg ein bisschen zu viel regnet. Für ihre Begriffe. Und sie war viel am Hafen. Und in Blankenese. Und manchmal war sie wo, wo sie jetzt gar nicht weiß, wie das hieß. Kind eben.

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    3. Ja, das mit dem Regen mag wohl sein, obwohl z.B. in München statistisch mehr Regen fällt. Ich empfehle ja immer Mai oder August, da kann man auch mal Glück haben mit dem Wetter. Und Blankenese ist auch schön bei Regen.

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  6. Oh ja,
    mein alter Stadtteil. Da werden Erinnerungen wach. Hab doch ein paar Jahre in der Bahrenferder Str. gewohnt und legendäre Kellerparty´s mit Herr´n L gefeiert!! Der Stadtteil war vor 20 Jahren schon hipp. !SCHÖN!

    Gruß Herr G

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    1. Das war wohl zu Zeiten als wir uns noch nicht kannten, an legendäre Kellerpartys hätt ich mich sonst erinnert. Ich kann es mir aber vorstellen :)

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    2. Oh ja...an legendäre Kellerpartys kann ich mich auch noch erinnern! Ich sag nur gelber Lappen! ;-)

      Gruß Hawk

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  7. "wer sich nicht auskennt in diesem Gewirr aus Einbahnstraßen hat schon verloren..."
    Ich sach nur Fahrschule: "...bieg hier mal ab..." XD

    Gruß Hawk

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  8. Und nein, er hat mir nicht gesagt wie ich wieder rauskomme... ;-)

    Gruß Hawk

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    1. Ich hab mich da mal verirrt, als ich meinen Lappen gerade frisch in den Händen hielt. Der große Bruder meiner Flamme hatte da ne Bude und ich Idiot bin mit dem Auto da hin, ich hab gedacht hier kommste nie wieder raus, das ist eine perfide Falle.

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