Montag, 7. Juni 2010

Freibeuter auf der Ostsee
















Eigentlich wollte ich diesen Eintrag schon gestern schreiben, doch drei Tage mit einer großen Dosis Sonne und Sauerstoff forderten ihren Tribut, das Bett war dann doch zu verlockend. Ich bin diese Naturdrogen einfach nicht mehr gewöhnt, bis jetzt konnte man ja kaum Sommerwetter genießen. Genossen habe ich dafür die Tage mit alten Freunden auf der Ostsee, mein erster Segeltörn überhaupt, um den mich eine ganze Menge Leute beneidet haben. Den beiden Damen aber, die davon träumten von sanftem Schaukeln und leisem Gluckern in den Schlaf gewiegt zu werden, muss ich ihre romantische Illusion leider rauben. Bei einer neun Tonnen schweren Segelyacht ist davon nichts zu spüren, die schaukelt nur auf offener See bei ordentlichen Windstärken.
So wahnsinnig viel Windstärken gab es allerdings nicht, als die - noch zu gründende - Segelsportabteilung des FC St.Pauli in der Nähe von Flensburg in See stach. Segeln ist ja, trotz aller technischen Finessen, immer noch eine etwas archaische Art der Fortbewegung und wenn man darauf angewiesen ist, dass einen die Naturgewalten irgendwie vorwärts bringen, dann hat man bei schönsten Sommerwetter wohl nicht gerade die Chance Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen. Den Skipper übermannte trotzdem bei jeder Yacht in Sichtweite das Regattafieber, von dem sich der Steuermann und das Greenhorn (ich hab keine Ahnung ob es in der Seglersprache einen adäquaten Ausdruck dafür gibt, nehme es aber an) auch gerne anstecken ließen. So ging es denn durch die Flensburger Förde, vorbei an Sonderborg, unter Klapp- und Hochbrücken hindurch, entlang dänischen Feldern und Wiesen, Steilküsten und Wäldern, hoch in den Als Fjord, bis wir in einer wunderschön gelegenen kleinen Bucht einen kleinen Jachthafen anliefen, um einem weiteren archaischen Ritual zu frönen. Grillzeit.
Zuvor gab es noch einen kleinen Klönschnack und ein paar kleine Grappa mit unserem Nachbarn am Bootssteg, der uns zuvor freundlich beim Anlegemanöver half. Hein war so ein typisches norddeutsches Original, ein richtig knuffiger alter Seebär, der lange Zeit alleine als Fischer in der Nordsee unterwegs war, als Rentner aber die See und vor allem wohl die Ruhe vermisste. Also kaufte sich Hein ein Segelboot und verzog sich in die hinterste Ecke Dänemarks, wo ihn außer seiner Frau niemand besuchen kommt, weil der Rest die weite Anreise scheut. Ich würde garantiert keine Anreise scheuen um Hein noch einmal zu besuchen, der hat bestimmt noch eine Menge Geschichten auf Lager. 
Der Törn zurück am Sonntag verlief deutlich entspannter, da wir nicht ganz so häufig gegen den Wind kreuzen mussten, was immer ein unglaubliches Geziehe und Gezerre an irgendwelchen Leinen nötig macht. Dadurch hab ich aber wenigstens das Prinzip so halbwegs begriffen denke ich, auch wenn ich immer noch keine Ahnung habe welche Bedeutung die ganzen Leinen auf der linken Seite des Cockpits haben, die werden wohl nur bei anderen Windrichtungen eingesetzt. Das Regattafieber schlug natürlich auch hier öfter mal zu, wir haben uns wacker geschlagen, bis auf einen Gegner haben wir sie alle geschafft. Wobei ich nicht so sicher bin, dass die Gegner alle von ihrer Rolle bei der Regatta wussten. Macht aber nichts, was zählt ist der sportliche Gedanke.
Der Segeltörn hat jedenfalls einen Heidenspaß gemacht, was in erster Linie natürlich Skipper und Steuermann zu verdanken war, aber auch einem wirklich feinen Schiff. Auf jeden Fall ist das deutlich genialer als von Lakaien umgeben auf Luxuskreuzern rumzutuckern.  Armer Abramowitsch.

Schreibmusik: The Waterboys - Too Close To Heaven















































































Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen